Aktiventreffen mit Berlins Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer
Pommernsaal des Rathauses Charlottenburg
Frauen übernehmen Verantwortung – Männer die Macht so kann grob der Leitfaden der Veranstaltung beschrieben werden, in der die Senatorin Junge Reiher über ihre Arbeit und Zielstellung in der Senatsverwaltung Bauen, Umwelt und Verkehr berichtete und gleichzeitig sehr aufgeschlossen ins Gespräch mit den anwesenden Frauen kam. Trotz dieser Überschrift konnte und wollte sich es keine der Teilnehmerinnen so leicht machen, wie es die Überschrift suggeriert. In der Einführung von Senatorin Junge Reiher wurde schnell deutlich, dass wir Frauen auch in diesem Bereich noch am Anfang stehen, denn obwohl es bereits viele profilierte Architektinnen und andere Fachfrauen gibt, sind sie kaum an der Planung beteiligt, fehlen sie in Entscheidungsgremien, weigern sich teilweise vehement, Verantwortung bzw. Macht zu übernehmen. Die Senatorin hatte dabei nicht nur die eigene Senatsverwaltung im Auge, sondern auch solche neueren Entwicklungen, wie das Quartiersmanagement. So haben es trotz intensiver Mitarbeit und toller Ideen von Frauen, mehrheitlich wieder die Männer geschafft, die Leitungsaufgaben für sich zu reservieren.
Aber da in der politischen Leitung ihrer Senatsverwaltung zur Zeit 2/3 Frauen sind, hat sich die Senatorin vorgenommen, ihren Beitrag dazu zu leisten, dass mehr Frauen Mut für die Übernahme von Leitungsfunktionen gemacht wird. Gleichzeitig sind aber viele Strukturen so mit Personen festgezurrt, dass es oft schwierig ist, Veränderungen herbeizuführen.
Im Laufe des Gespräches machte die Senatorin deutlich, dass es für die nächsten Jahre nicht in erster Linie darum gehen kann, sich dafür einzusetzen, wie ein frauengerechter Einzelwohnraum auszusehen hat, da der Bau von neuem Wohnraum mit öffentlichen Mitteln aufgrund des vorhandenen Angebotes nicht mehr im Mittelpunkt der Arbeit steht. Dagegen sollten wir uns mit dem sogenannten “ Fußgängerblick“ einbringen und die Stadt als Erlebnisraum betrachten. Das bedeutet für sie. Sich zum Beispiel in die Planung von Stadtteilzentren einzumischen und mitzuentscheiden, ob in die leerstehende Kita ein Freizeitzentrum für Jugendliche kommt, oder unter Berücksichtigung der Wünsche von Frauen eine Freifläche für die Anwohner entsteht.
Des weiteren wurde ihr Ringen zur Beteiligung von Frauen bei der Besetzung von Gremien ebenso deutlich, wie ihr Bestreben, bei Schwerpunktprojekten in Berlin die Mitsprache des Beirat für frauenpolitische Belange zu gewährleisten. Gute Erfahrungen gibt es hierzu bei der Planung des Friedrichswerder und am Alex. Die konkreten Darstellungen aus dem Frauenbeirat unterstützten auf erfreuliche neue Art dieses gegenseitige Miteinander.
Immer wieder wurde deutlich, welch enorm wichtige Rille der Bereich Bauen, Umwelt und Verkehr für die Wirtschaft spielt. Frau Junge Reihe betonte nachdrücklich, wie sie mit ihrer Verwaltung – natürlich auch gegen Widerstand- Versuche unternommen hat, öffentliche Aufträge daran zu binden, ob die vorgesehenen Betriebe ausbilden oder nicht. In diesem Zusammenhang tauchte aus dem Publikum die alte Forderung erneut auf, endlich die Rechtsverordnung aus dem Landesgleichstellungsgesetz § 14(Bindung staatlicher Leistungsgewährung an Frauenförderung) durchzusetzen.
An dieser Stelle wurde mehrfach von den Anwesenden die Befürchtung laut, dass durch die verstärkte Konzentration auf Gender Mainstreaming die klassische Frauenförderung zum Nachteil der Frauen ausgehebelt würde.
Abschließen verdeutlichte Frau Junge Reiher, dass sie Verantwortung in einem Machtbereich übernommen hat, aber mit Macht nicht so umgehen möchte, wie vieleMänner. Ihr war wichtig, die Spielregeln zu kennen, um sich nicht hinterrücks angreifen zu lassen. Gleichzeitig bevorzuge sie aber einen anderen Stil des Umgangs. Sie bemühe sich, Probleme offensiv anzugehen und mit den Menschen zu sprechen. Sie betonte ausdrücklich, dass ihr die Einladung der Üpfi und die Zusammenkunft mit den Frauen aus zweierlei Richtung wichtig gewesen sei. Erstens hätte es zur Sensibilisierung bestimmter Themenkreise für ihre Arbeit beigetragen und zweitens freute sie sich, dass die Frauen ihr in ihrer Tätigkeit den Rücken gestärkt hätten.
Im Ergebnis der Zusammenkunft wurde von den Anwesenden vereinbart, ein Schreiben der Üpfi an den Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen zu schicken, um die Durchsetzung der Rechtsverordnung aus dem § 14 des Landesgleichstellungsgesetzes einzufordern. Der Brief des Senators soll auf der Hompage der Üpfi veröffentlicht werden, um den Teilnehmerinnen die Antwort auf diesem Wege zur Kenntnis zu geben.
ein Bericht von Elke Herer