Aktiventreffen zum Thema „Frieden braucht Frauen: Zur Arbeit des Frauensicherheitsrates“
am: Mittwoch, 2. Februar von 18:30 bis 20:30 Uhr, im Berliner Abgeordnetenhaus, Niederkirchnerstraße 5, Raum 107
Pia Kaiser vom Vorstand der Überparteilichen Fraueninitiative begrüßte die Gäste und als Referentin des Abends Petra Bläss, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages a. D., Mitglied in vielen Vereinen und NGOs , z. B. auch als Gründungsmitglied in der Überparteilichen Fraueninitiative.
Freiberuflich arbeitet sie als Beraterin für den Stabilitätspakt Südosteuropa und ehrenamtlich als eine der zehn Frauen, die der Steuerungsgruppe des Frauensicherheitsrates angehören. Der Frauensicherheitsrat ist ein Zusammenschluss, der sich zur Zeit der zweijährigen Mitgliedschaft der Bundesrepublik im UN- Sicherheitsrat während des Irak-Krieges 2003 bildete. Er ist kein offizielles politisches Gremium, sondern ein Netzwerk aus inzwischen rund 50 Friedensforscherinnen, Frauen aus NGOs und politischen Stiftungen. Die Frauen arbeiten ehrenamtlich und mit enormer Power für eine stärkere Einbeziehung von Frauen in die internationale Friedenspolitik. Konkret hat sich der Frauensicherheitsrat als Aufgabe gestellt, die Umsetzung der UN- Resolution 1325 von Deutschland aus zu forcieren. Das ist dringend geboten, weil Deutschland hinter den Frauen-Friedens- NGOs vieler UN-Staaten stark hinterherhinkt, weil Außenpolitik besonders schwer zu „gendern“ ist, und weil die Arbeit von Frauen bei der Verhinderung von Kriegen (Krisenprävention), bei ziviler Konfliktlösung und bei der Aufarbeitung der Konflikte in Nachkriegsgesellschaften laut Beschluss der UNO immer dringender wird. 2003 legte der Frauensicherheitsrat einen Aktionsplan zur schnelleren Umsetzung der UN-Resolution 1325 vor. Darin wird vorgeschlagen, die Umsetzung mit Quoten und Zeitplänen zu beschleunigen. So sollten in allen Friedensprozessen und in allen Gremien, die mit der Umsetzung von Friedensabkommen beauftragt werden, mindestens 30 Prozent Frauen beteiligt werden. Das betrifft den Sudan, die Demokrat. Republik Kongo, Afghanistan und den Irak. Auch beim Nation Building sollen mindestens 30 Prozent Frauen in Verfassungskommissionen und (Übergangs-)
Parlamenten sitzen ferner 50 Prozent in der Justiz und bei Institutionen zur Verhinderung von (auch häuslicher) Gewalt.
Obwohl es Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt (Kerstin Müller), mit dem Entwicklungshilfe-Ministerium (Heidemarie Wieczorek-Zeul) dem Dt. UNO-Botschafter Pleuger gab, wurden die Chancen der zweijährigen Mitgliedschaft Deutschlands in der UNO von der Regierung nicht so genutzt wie es möglich gewesen wäre, um mit der Umsetzung der Resulotion voranzukommen.
Das Frauenministerium hat keine Vakanzen, aber unterstützt den Frauensicherheitsrat politisch.
Sehr gut ist ein Schattenbericht, den der Frauensicherheitsrat als Alternative und Ergänzung zum offiziellen Bericht der Bundesregierung an die UNO über ihre Aktivitäten zur Resolution 1325 verfasste.
Da die Bundesrepublik Ende 2004 aus dem Sicherheitsrat ausschied, kann und wird ab 2005 die Arbeit zur Umsetzung der Resolution 1325 „nur“ noch über die EU-Schiene laufen können, was für die Gender- und Gleichstellungspolitik noch komplizierter wird wegen der nötigen Mehrheitsbeschlüsse der in der EU vertretenen Staaten, die jeweils vorausgehen müssen. Ermutigend ist die Zusammenarbeit mit den NGOs und Wissenschaftlerinnen in aller Welt, besonders in Kanada, in New York, in der Schweiz. Am schwierigsten für den Frauensicherheitsrat ist der Link zur praktischen Politik.
Als nächstes steht ein Alternativgipfel zur Nato – Sicherheitstagung in München auf der Agenda, ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit des Frauensicherheitsrates wird die europäische Vernetzung zur UNO- Resolution und eine weitere Professionalisierung seiner Arbeit sein. Es geht z. B. um eine Präzisierung und Neudefinition des Begriffs „Sicherheit“. Ferner um Sanktionsmöglichkeiten, die der Sicherheitsrat haben müsste, um wirksamer in Krisengebieten handeln zu können, z. B. wäre an die Kürzung der Entwicklungshilfe zu denken. Diese Maßnahme könnte aber nur international beschlossen und umgesetzt werden. Sehr erwünscht ist auch die Mitarbeit vieler neuer Frauen im Sicherheitsrat.
Eine nachdenkenswerte Bemerkung von Petra Bläss am Schluss: Es gibt so gut wie keine Frauen aus den neuen Bundesländern, die sich beim Thema Frauen in der Sicherheitspolitik und bei der Entwicklungshilfe engagieren.
In der anschließenden Diskussion ging es um die Finanzierung der Arbeit des Frauensicherheitsrates,
welche NGOs mitarbeiten (medico mondiale, GLOW, Plattform Zivile Konfliktbearbeitung, Frauenaktion Sheherazade, UNIFEM , WILPF, Genf, Heinrich Böll- Stiftung, Friedrich Ebert- Stiftung u.a). Eine weitere Frage war, wie frau Druck von außen auf die Regierung ausüben könne. Eine Möglichkeit ist, sich an der „Postkartenaktion“ zu beteiligen, d. h. Karten mit dem Slogan „Es gibt 1325 Gründe für die Umsetzung der UN – Resolution 1325“ ans Auswärtige Amt (Joschka Fischer und Kerstin Müller) zu schicken. Näheres zum Frauensicherheitsrat siehe auch www.un1325.de !
Pia dankte allen Beteiligten und wies auf das Vorhaben der Überparteilichen Fraueninitiative hin, mit
Petra Bläss eine gemeinsame Veranstaltung zur weiteren Arbeit des Frauensicherheitsrates zu machen.
Einen weiteren Veranstaltungsbericht des zwd zum Thema „Weltfrauensicherheitsrat“ können Sie nachlesen beim (Zweiwochendienst):
zwd Berlin (ps) – Die Bundesregierung besitzt nach Auffassung von Petra Bläss, Mitglied der Steuerungsgruppe des Frauensicherheitsrates, keine Strategie zur Umsetzung der UN-Resolution 1325. Die Regierung habe dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, im Juni 2004 einen ausführlichen Bericht zur nationalen Umsetzung der Resolution abgeliefert, sagte sie am 2. Februar auf einer Veranstaltung der Überparteilichen Fraueninitiative im Berliner Abgeordnetenhaus.
Allerdings habe Deutschland seine Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat bisher nicht dazu genutzt, die Umsetzung der Resolution weiter voranzutreiben, so Bläss.
Bericht von Gisela Vollradt