Internationaler Tag Gewalt gegen Frauen 2021
Anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen setzten Akteurinnen und Akteure in aller Welt jährlich am 25. November 2021 ein deutliches Zeichen gegen Gewalt an Frauen.
Auszug aus der freigehaltenen Rede des Präsidenten des Abgeordnetenhauses zum Tag der Gewalt gegen Frauen vor dem Abgeordnetenhaus und die Rede von Carola von Braun:
„Eine, die schon lange eine inspirierende Kraft in Sachen Gleichstellung, bei der Arbeit gegen Gewalt an Frauen und für die Frauenrechte war, ist heute unter uns!
- Liebe Frau von Braun, herzlichen Dank, dass Sie sich so lang und intensiv für diese Themen engagieren – und dass sie auch unserem Haus treu geblieben sind und sich weiter für die Berlinerinnen stark gemacht haben.
- Sie werden morgen mit der Stadtältesten würde geehrt, darüber freuen wir uns mit Ihnen sehr.
Im nächsten Jahr feiert die von Ihnen initiierte Überparteiliche Fraueninitiative ihren 30. Geburtstag und ich hoffe, dass wir das gemeinsam feiern können.“
Hier nun die Rede von Carola von Braun:
Sehr geehrter Herr Präsident Buchner, sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank für die Ehre und die Chance, im Namen der Überparteilichen Fraueninitiative Berlin-Stadt der Frauen e.V., an diesem für die Frauen der Welt so wichtigen Tag sprechen zu dürfen.
Wir verdanken den Vereinten Nationen als Initiatoren und vielen verdienstvollen Frauenorganisationen, wie Terre-des-Femmes, dass das Thema „Gewalt gegen Frauen“ seit etlichen Jahren in das Öffentliche Bewusstsein Eingang gefunden hat. Wir danken insbesondere dem ehemaligen Präsidenten Ralf Wieland und dem neuen Präsidenten Dennis Buchner des Abgeordnetenhaus von Berlin, dass sie die ursprünglich von Terre-des-Femmes initiierte Aktion mit dem „Hissen der Anti-Gewalt-Flagge des Landes Berlin“ ausdrücklich unterstützt haben und so viel dazu beigetragen haben, dass damit auch die öffentliche Verantwortung für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen bekundet wird.
Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter, viele Ursachen und findet an vielen Orten statt. Und sie hat erhebliche Folgen; für die einzelne Frau, für die gesellschaftlichen Strukturen. Bis hinein in die Wohnungspolitik.
Die Überparteiliche Fraueninitiative befasst sich seit vielen Jahren mit dem Thema „Wohnungs- und Obdachlosigkeit von Frauen“. Die Gründe für die Obdachlosigkeit von Frauen – wie wir feststellen mussten – ist allzu oft Gewalt in der Familie, in der Beziehung.
Was passiert da? Ich beschreibe es an einem konkreten typischen Fall.
Eine Frau flüchtet nach oft jahrelang ertragenen Gewalterfahrungen in der Beziehung aus der Wohnung. Sie kommt zuerst abwechselnd bei Freundinnen und Freunden unter, nach einer längeren Zeit gibt es auch keine Freundinnen mehr, die sie noch aufnehmen können und wollen. Sie landet auf der Straße, in der Obdachlosigkeit, wird dort oft erst recht Opfer von Gewalt. Auch die anerkannten, aber längst nicht ausreichenden frauenspezifischen Einrichtungen des Landes Berlin bieten nicht so viel Plätze, wie sie dringend gebraucht werden. Dieses Schicksal ist nicht nur ein Problem von einzelnen Frauen in prekären Verhältnissen. Es kann Frauen aus allen Lebenslagen treffen, wie wir feststellen mussten. Die Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen sind also ein gesamtgesellschaftliches Problem.
Wir sind dem Abgeordnetenhaus von Berlin dankbar dafür, dass es sich seit vielen Jahren intensiv mit dem Thema Obdachlosigkeit von Frauen befasst und danken auch dem Senat dafür, dass er inzwischen vielerlei Maßnahmen zur Milderung dieser Wohnungsnot in Gang gesetzt hat.
Aber es bleibt noch viel zu tun, um Frauen, die vor Gewalt flüchten, besser zu schützen und ihnen ein unabhängiges Leben unter einem schützenden Dach zu ermöglichen. Ich zitiere die dringlichsten Forderungen aus einem Positionspapier, das unser Beirat „Wohnungs- und Obdachlosigkeit von Frauen“, dem viele angesehene Träger der Wohnungslosenhilfe angehören, anlässlich der Wahlen zum Abgeordnetenhaus entwickelt hat:
Zitat
„Um der spezifischen Situation von Frauen in Wohnungsnot gerecht zu werden, stellen wir folgende Forderungen:
* Keine Frau – mit und ohne Kinder – darf auf der Straße landen,
* Prävention muss die erste Maxime jeglichen Handelns sein,
* Sicherstellung von bezahlbarem – an frauenspezifische Bedarfe
angepassten Wohnraum,
* Keine Zwangsräumungen von Frauen ohne angemessenen Ersatzwohnraum,
* Bedarfsgerechte frauenspezifische Angebote sicherstellen“
Zitatende.
Diese Forderungen und Ziele bleiben relevant.
Die neuesten Zahlen des Bundesfamilienministeriums berichten, dass Gewalttaten unter Paaren und Ex-Partnern 2020 noch stärker gestiegen sind als in den Jahren davor. 146.655 Fälle sind registriert, das entspricht einem Anstieg um 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Und das sind nur die registrierten Fälle. Der Kampf gegen Gewalt an Frauen bleibt also eine vorrangige wichtige Aufgabe auf allen politischen Ebenen.
Wir danken dem Abgeordnetenhaus und dem Senat von Berlin für ihre bisherigen Initiativen zur Unterstützung von obdachlosen Frauen, die von Gewalt bedroht sind.
Und wir bitten dringend Beide – Abgeordnetenhaus und Senat – darum, ihre Aktivitäten auch in der neuen Legislaturperiode fortzusetzen und auszubauen.
Für die Berlinerinnen, und ihre Kinder.
Wir sind sicher: das heutige Hissen der Anti-Gewalt-Flagge des Landes Berlin kann und wird dazu beitragen, die öffentliche Unterstützung für diese Aufgabe zu stärken.